Sofortkontakt zur Kanzlei
Sie benötigen eine kompetente Rechtsberatung? Sprechen Sie mit Ihren Rechtsanwälten in Siegen.
Telefon +49 271 236480
E-Mail-Kontakt siegen@romuender.com
Aktuelles
Juristische Fachbeiträge von Romünder & Kollegen
 

Erbvertrag vor Heirat geschlossen BGH: Erbvertrag zwischen Lebensgefährten bleibt trotz späterer Scheidung wirksam

Mit Beschluss vom 22. Mai 2024 (Az. VI ZB 26/23) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine gegenseitige Erbeinsetzung in einem Erbvertrag zwischen nicht verheirateten Lebensgefährten auch dann wirksam bleibt, wenn die Partner später heiraten und sich wieder scheiden lassen – sofern keine anderslautende Regelung im Vertrag getroffen wurde.

Sachverhalt

Ein Paar hatte im Jahr 1995 – noch in nichtehelicher Lebensgemeinschaft – einen notariellen Erbvertrag geschlossen und sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. 1999 heiratete das Paar, 2021 wurde die Ehe geschieden. Nach dem Tod der Frau im Jahr 2023 argumentierte ihr Sohn, die Erbeinsetzung des geschiedenen Ehemanns sei wegen der Scheidung gemäß § 2077 BGB (i.V.m. § 2279 BGB) unwirksam geworden. Der BGH verneinte dies.

Rechtlicher Rahmen

  • § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB: Eine Verfügung von Todes wegen zugunsten des Ehegatten wird unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst wird.
  • Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht analog auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar.
  • Eine analoge Anwendung kommt nur in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke besteht und vergleichbare Interessenlagen vorliegen.

Warum keine Analogie zu § 2077 BGB?

Der BGH betont, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht automatisch rechtlich mit einer Ehe vergleichbar ist – insbesondere nicht in ihren rechtlichen Folgen. Die Vorschrift des § 2077 BGB ist spezifisch auf das besondere rechtliche Band der Ehe zugeschnitten, das mit rechtlich klaren Konsequenzen beginnt und endet (z. B. durch Scheidung). Bei nichtehelichen Partnerschaften fehlen solche strukturierten Rahmenbedingungen.

Zudem verknüpfen Partner einer nichtehelichen Beziehung in der Regel keine automatischen Rechtsfolgen mit dem Beziehungsende, wie sie § 2077 für die Ehe voraussetzt. Auch fehlt es an einer planwidrigen Lücke: Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, vergleichbare Regelungen für Lebensgefährten zu schaffen. Eine analoge Anwendung wäre daher gesetzesüberschreitend und systemwidrig.

Kernaussagen des BGH

  • Der ursprüngliche Erbvertrag wurde nicht im Hinblick auf eine Eheschließung geschlossen, sondern in einer Phase, in der das Paar gerade keine Heirat wollte.
  • Die spätere Eheschließung und Scheidung lassen den Vertrag unberührt, solange keine vertragliche Abhängigkeit zur Ehe erkennbar ist.
  • Eine nachträgliche automatische Unwirksamkeit der Erbeinsetzung lässt sich aus § 2077 BGB weder direkt noch analog herleiten.

Praktische Bedeutung

Diese Entscheidung unterstreicht die Verlässlichkeit notarieller Erbverträge zwischen Lebensgefährten – auch dann, wenn sich die rechtlichen oder persönlichen Verhältnisse später ändern. Ein späterer Ehestatus hat keinen Rückwirkungsmechanismus auf eine zuvor getroffene Verfügung, es sei denn, der Vertrag enthält eine entsprechende Regelung.

Fazit

Eine zwischen Lebensgefährten vereinbarte gegenseitige Erbeinsetzung bleibt auch dann wirksam, wenn die Partner später heiraten und sich wieder scheiden lassen – sofern die Verfügung nicht ausdrücklich an eine bestehende Ehe geknüpft war. Die Vorschrift des § 2077 BGB ist nicht analog anwendbar.

Quelle: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22.05.2024 – VI ZB 26/23


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
13. Juni 2025

Diesen Beitrag teilen

25.11.2024

Anspruch auf Schadenersatz nach der DSGVO wegen der Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch eine Detektei

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 25.07.2024 zu Az. 8 AZR 225/23 einen Schadenersatzanspruch zuerkannt, weil ein krankenversicherter Kläger sich krankgemeldet hatte und der Arbeitgeber sich veranlasst gesehen hat, wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit durch eine Detektei Nachforschungen zu erheben.

Beitrag lesen
25.11.2024

Regelaltersgrenze überschritten; Bewerber muss nicht mehr eingeladen werden

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat am 06.08.2024 zu Az. 6 SLa 257/24 eine Entscheidung verkündet, wonach eine Entschädigung nach dem AGG nicht verlangt werden könne, wenn ein 67-jähriger Schwerbehinderter sich bewirbt und nicht eingeladen wird.

Beitrag lesen
06.11.2024

Kündigung eines Schwerbehinderten in der Wartezeit

Gemäß einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.04.2016 zu AZ. AZR 402/14 besteht während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses auch für Schwerbehinderte kein Kündigungsschutz und auch kein weitergehender Schutz, der sich aus der Schwerbehinderteneigenschaft ergibt, insbesondere wegen des sogenannten Präventionsverfahrens nach § 167 SGB IX.

Beitrag lesen