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„Digital Native“ in Stellenanzeige: Altersdiskriminierung nach dem AGG?

Die Formulierung von Stellenanzeigen muss den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) entsprechen. Werden bestimmte Altersgruppen bevorzugt angesprochen, kann dies eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte darüber zu entscheiden, ob der Begriff „Digital Native“ eine solche Diskriminierung impliziert.

Sachverhalt

Ein Sportartikelhändler suchte in einer Stellenanzeige u.a. „Digital Natives“ für Tätigkeiten im Bereich Social Media, datengetriebene PR und Bewegtbild. Ein Wirtschaftsjurist (Jahrgang 1972) bewarb sich und wurde abgelehnt. Er machte daraufhin eine Entschädigung nach dem AGG geltend. Seine Begründung: Der Begriff „Digital Native“ spreche ausschließlich eine jüngere Generation an und stelle damit eine Altersdiskriminierung dar. Der Arbeitgeber entgegnete, ihm komme es nicht auf das Alter, sondern auf die digitalen Fähigkeiten an. Jeder, der in der digitalen Welt firm sei, gehöre für ihn zu den „Digital Natives“.

Das Arbeitsgericht sprach dem Bewerber eine Entschädigung i.H.v. 7.500 Euro zu. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Allgemeine Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs nach AGG

Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus §§ 1, 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 AGG:

  • § 1 AGG (Ziel des Gesetzes):  Schutz vor Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
  • § 7 Abs. 1 AGG (Benachteiligungsverbot):  Arbeitgeber dürfen Beschäftigte nicht aus einem der in § 1 genannten Gründe benachteiligen.
  • § 11 AGG (Stellenausschreibung):  Stellenanzeigen müssen neutral formuliert sein und dürfen keine Diskriminierungstatbestände enthalten.
  • § 15 Abs. 2 AGG (Entschädigungsanspruch):  Bei einer verbotenen Benachteiligung kann der Bewerber eine angemessene Entschädigung verlangen, auch wenn kein Arbeitsverhältnis begründet wurde.

Wird eine Benachteiligung indirekt durch die Formulierung der Stellenausschreibung indiziert, trifft den Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast, dass kein Verstoß vorlag.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 07.11.2024 – 17 Sa 2/24) bestätigte, dass der Begriff „Digital Native“ eine altersdiskriminierende Wirkung hat:

  • Der Begriff beschreibt nach seiner wissenschaftlichen und allgemeinen Definition Personen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind (Geburtsjahrgänge etwa ab 1980).
  • Die Formulierung spreche damit typischerweise eine jüngere Generation an und benachteilige ältere Bewerber mittelbar.
  • Der Arbeitgeber konnte nicht nachweisen, dass er die Bewerbung des Juristen aus anderen Gründen abgelehnt hatte, z.B. wegen fehlender Qualifikation. Vielmehr war der Bewerber fachlich sogar überqualifiziert.
  • Auch der Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, da der Bewerber lediglich auf eine Entschädigung abgezielt habe, war nicht bewiesen.

Fazit

Die Entscheidung macht deutlich, dass Stellenanzeigen neutral formuliert werden müssen, um Verstöße gegen das AGG zu vermeiden. Begriffe wie „Digital Native“ können eine mittelbare Altersdiskriminierung darstellen, da sie implizieren, dass Bewerber einer bestimmten Generation angehören müssen. Arbeitgeber sollten daher ausschließlich auf objektive fachliche Anforderungen abstellen und Altersneutralität wahren, um Entschädigungsansprüche nach §§ 1, 15 AGG zu vermeiden.

Quelle: Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 07.11.2024 – 17 Sa 2/24 


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
8. Dezember 2025

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